Der neue Roman ist da!

Es ist definitiv der schönste Moment im Autorinnendasein. Der Postbote klingelt an der Tür und bringt ein Paket mit den neu erschienenen Büchern. Jetzt schnell aufreissen und zum ersten Mal das neue Buch in den Händen halten. Was die Autorin Lou Bihl zu ihrem neuen Roman zu sagen hat, verrät sie im folgenden Interview.

Interview mit Lou Bihl zu: Nicht tot zu sein, ist noch kein Leben,

Was hat Sie motiviert, einen Roman über den Tod und selbstbestimmtes Sterben zu schreiben?

Wir alle wünschen uns Selbstbestimmung im Leben und möchten diese auch beim Sterben nicht verlieren.
Außerdem ging es mir um den menschlichen Umgang mit der eigenen Vergänglichkeit. In unserer schnelllebigen Zeit wird der Tod oft verdrängt und viele erliegen der Illusion, sterben müssten immer nur die anderen. Damit bringt man sich um den wichtigsten aller Abschiede. Als Ärztin habe ich erlebt, dass der Tod das Leben nicht nur beendet, sondern auch in ungeahnter Weise bereichern kann, wenn Menschen ihr nahendes Ende akzeptieren und eine letzte persönliche Wachstumsphase erleben.

Welche Bedeutung hat der assistierte Suizid im Zusammenhang mit selbstbestimmtem Sterben?

Als Exit-Option für Menschen, die ihre Situation so unerträglich finden, dass sie eine Erlösung nur in der Beendigung des Lebens sehen.

Wann und warum kann auch bei einem Menschen, der den Tod als Teil des Lebens annehmen kann, ein Suizidwunsch entstehen? Müsste diese Akzeptanz nicht dazu führen, dass man der Natur ihren Lauf lässt und beispielsweise auf die Palliativmedizin vertraut?

Überwiegend, aber nicht ausschließlich. Auch bei bester Palliativbetreuung können bei manchen Erkrankungen Schmerzen, Atemnot oder Beeinträchtigungen entstehen, die als nicht aushaltbar empfunden werden. Die persönliche Leidensfähigkeit ist sehr unterschiedlich, es gibt durchaus Personen, für die besonders der Verlust körperlicher Kontrollfunktionen und ein hilfloses Ausgeliefertsein unerträglich sind. Will ein Mensch dann nach reiflicher Überlegung seinen Leidensweg abkürzen, sollte er das in Würde tun können. Die Alternative ist sonst mitunter ein Gewaltsuizid, der nicht selten scheitert und oft auch Unbeteiligte nachhaltig traumatisiert oder gar gefährdet.

Hat ein Arzt, dessen Patient ihn mit der Bitte um Suizidassistenz konfrontiert, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eine ethisch-moralische oder sogar rechtliche Verpflichtung, entsprechende Hilfe zu leisten?

Nein. Die moralische Abwägung ist eine rein individuelle Gewissensfrage, die jeder Arzt für sich selbst beantworten muss. Das Gericht stellt im Urteil ausdrücklich fest: “niemand kann verpflichtet werden, Suizidhilfe zu leisten

Sicher gab es zu diesem ethisch brisanten Thema erhebliche Kontroversen in der Öffentlichkeit und auch unter Ärzten?

Die gab es durchaus, sie werden in dem Roman auch detailliert geschildert. In der öffentlichen Aufmerksamkeit gingen diese Diskussionen aber teilweise durch den Beginn der Corona-Epidemie unter.

Persönlich sehe ich in diesem Urteil keinen ethischen Sprengstoff. Weder wird damit dem Suizid Vorschub geleistet, noch werden gar die Ärzte zur Suizidassistenz aufgefordert. Es ging dem BVerfG ausschließlich um die Abschaffung eines Straftatbestandes für Ärzte. Bis zu drei Jahren Haft wurde bestraft, wer einem Sterbewilligen Medikamente zur Verfügung stellte, die dieser jedoch selbst zu sich nehmen musste. Das ist auch die wesentliche Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe, die weiterhin strafbar bleibt.

Eine Alternative zur Suizidassistenz ist das Sterbefasten. Sind Hunger und Durst über längere Zeit nicht viel qualvoller, als mit einem Medikament nach wenigen Minuten friedlich einzuschlafen? Für wen eignet sich Sterbefasten als Methode, das eigene Leben zu beenden?

In meiner Geschichte war die Protagonistin Zeugin des assistierten Suizids bei ihrer Schwester. Trotz optimaler Bedingungen und friedlichem Tod erlebte sie die Zeit davor als Warten auf die Hinrichtung. Zitat: Selbst, wenn man sich den Tod wünscht, ist es gnädiger, wenn dessen Datum offenbleibt und man die Stunde des Henkers nicht im Countdown erlebt. Das bleibt beim Sterbefasten dem Patienten und auch dessen Angehörigen erspart. Weiterer Vorteil: Man kann jederzeit abbrechen, bei Rechtzeitigkeit auch ohne bleibende Schäden.
Mit fachkundiger Begleitung und Pflege kann man beim Strebefasten das Leid in Grenzen halten. Der Hunger wird als weniger qualvoll empfunden als der Durst. Man muss auch nicht gänzlich auf Flüssigkeit verzichten, wenn man in Kauf nimmt, dass der Prozess dann länger dauert.

Auf dem Buchumschlag des Romans steht das Zitat: „Nichts macht so heiß auf das Leben wie der Tod“. Wie ist das zu verstehen?

Mit dem nahenden Ende vor Augen, erfahren manche Menschen nochmals eine nie gekannte Lebensintensität. Einerseits verschwendet man keine Zeit mehr mit Nichtigkeiten, andererseits verschwinden viele Ängste des täglichen Lebens. Man kümmert sich um die wichtigen Beziehungen und kann mitunter nochmals intensive Liebe und Nähe erfahren.

Apropos Liebe: Sie haben auch Sexualität und Erotik angesichts des Todes in die Handlung eingebaut, ein Thema, das eher als Tabu gilt. Glauben Sie, dass das ein gängiges Phänomen ist?

Die von Ihnen angesprochene Tabuisierung mag für die öffentliche Wahrnehmung gelten, in der Kultur und Literatur sind Eros und Thanatos hingegen ein beliebtes Thema. Diese Begriffe aus der griechischen Mythologie wurden von Sigmund Freud als Lebens- und Todestrieb aufgegriffen. Auch der berühmte Psychologe Irvin D. Yalom hat in seiner Forschung, aber auch als Betroffener festgestellt, dass der Tod das sexuelle Begehren unerwartet verstärken kann.

Auch die Freundschaft spielt eine zentrale Rolle in Ihrer Geschichte. Eine der beiden Protagonistinnen ist nicht nur die Ärztin, sondern auch die beste Freundin der Sterbenden. Finden Sie es erstrebenswert, dass Ärzte Nahestehende behandeln?

Prinzipiell eher nicht, aber das ist kein Dogma. Zuneigung erschwert die Objektivität und macht mitunter ängstlich, da man falsche Entscheidungen unbedingt vermeiden will. Außerdem fällt gelegentliches Neinsagen schwerer als in einer reinen Arzt-Patienten-Beziehung. Auch die Protagonistin meiner Geschichte gerät in Konflikte zwischen ihrer Funktion als Medizinerin und der Rolle als beste Freundin. Besonders das Überbringen schlechter Nachrichten kann schwierig sein. Zitat: …. Als Freundin schuldete ich ihr Offenheit, als Ärztin hingegen nur, nicht die Unwahrheit zu sagen.

In all Ihren Geschichten steckt minutiöse Recherche, die Sie auch in einem Quellen-verzeichnis für den Leser nachvollziehbar machen. Damit bekommen Ihre Romane auch eine Sachbuchbuchqualität.
Gibt es für diese Kombination  aus „dem Besten beider Welten“ eine Genrezuordnung?

Keine, die mir bekannt wäre. Meine Geschichten sind weder Tatsachenromane, da ihnen keine wahren Begebenheiten zugrunde liegen, noch Wissenschaftsromane, da zwar fachliches Wissen vermittelt wird, aber keine Wissenschaft im Sinne von Forschung. Rein deskriptiv würde ich „faktenbasierte Fiktion“ für treffend halten, das ist aber kein gängiger Begriff.

Auch bei schwierigen Themen fehlt das Augenzwinkern in keinem der Bücher des Unken Verlages. In Ihrem fünften Roman muten Sie den Leser:innen allerdings sehr schwere Kost zu. Überraschenderweise musste ich selbst bei diesem Text über Sterben und Tod in manchen Passagen herzhaft lachen – ohne das unpassend zu finden. Ist Humor ein Markenzeichen für Sie und den Verlag?

Ich freue mich, wenn Sie und unsere Leser das so einordnen. Für mich ist Humor ein Lebenselixier. Es sollte kaum eine Situation geben, in der ein Augenzwinkern keinen Platz hat. Durch Humor gewinnt man eine gewisse Distanz zu schmerzlichen oder beängstigenden Ereignissen – und man nimmt sich selbst nicht so ernst. Andererseits bleibt man durch Lachen auch mit dem Leben und den Mitmenschen verbunden.

hello world!

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