Interview mit Niko Pross

Lesen Sie hier ein ausführliches Interview mit Niko Pross, unserem Autor von "Jahresendzeitgrüße eines maritimen Zeitgenossen". Erfahren Sie mehr über seine Vita und über die Entstehung des Buchprojekts.

Herr Dr. Pross, Ihr Buch begeistert neben Liebhabern maritimer Kunst auch zeitgeschichtlich Interessierte und bietet eine Rückschau auf fast vier Jahrzehnte. Bis vor kurzem waren Sie hauptberuflich als Arzt tätig. Wann haben Sie begonnen, sich für das Thema Seefahrt zu interessieren?
Schon im Kindesalter. Mein Großvater war als Geschäftsmann mit Partnern in den USA viel auf Reisen und fotografierte leidenschaftlich gerne Flugzeuge und v.a. Schiffe. Diese Bilder haben mich immer fasziniert. Als Neunjähriger bekam ich von ihm das erste Schiffsmodell geschenkt, den damals neuen Passagierdampfer Bremen. Es war der Grundstock für meine Sammlung, die mittlerweile über dreitausend Modelle im Maßstab 1:1250 umfasst.

Haben Sie als Jugendlicher überlegt, Ihr Hobby zum Beruf zu machen?
Nur flüchtig. Ich fand, mein Hobby sollte Vergnügen bereiten und nicht dem Lebensunterhalt dienen.

Wie kamen Sie zu dem Entschluss, Arzt zu werden?
Durch den damaligen Ersatzdienst, den ich in einem kleinen Krankenhaus in Schwäbisch Gmünd leistete. Eine Ordensschwester auf meiner Station meinte, als Kriegsdienstverweigerer müsse ich wenigstens regelmäßig die Kirche besuchen. Als ich auch dies verweigerte, wurde ich in den OP strafversetzt. Diese Bestrafung erwies sich als Segen: Bald durfte ich spannende Aufgaben übernehmen, von der zur Wartung der Narkosegeräte, die ich mit Begeisterung auseinanderbaute und wieder zusammenbastelte bis zur Assistenz bei Operationen. Dabei habe ich Blut geleckt und beschlossen, Medizin zu studieren.

Wann entschieden Sie sich für die Facharztausbildung zum Chirurgen?
Die Idee hatte ich schon im Ersatzdienst. Sie verfestigte sich, als ich zur Aufbesserung des studentischen Budgets regelmäßig Nachtwachen auf der chirurgischen Intensivstation der Uniklinik Heidelberg absolvierte. Dort habe ich mehr über praktische Medizin gelernt als im gesamten Studium. Außerdem bekam ich die Gelegenheit, meine Doktorarbeit in der Herzchirurgie zu absolvieren. Damals wurden Prototypen einer neuen Herz-Lungenmaschine entwickelt, die sogenannten Extrakorporalen Membranoxygenatoren, bei denen das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff versorgt wird. Damals wurden sie für Operationen am offenen Herzen eingesetzt und niemand ahnte, dass das ECMO-Prinzip Jahrzehnte später vielen Corona-Patienten mit Versagen der Lungenfunktion das Leben retten würde.

Sie hatten bei diesem Forschungsprojekt eine „Mitarbeiterin?
Die Untersuchungen und deren Auswertung waren so umfangreich, dass sie von einer Person nicht zu leisten waren. Ich war froh, als der Doktorvater vorschlug, die Arbeit mit einer Kommilitonin zu teilen, die mich mit ihrem Charme, vor allem aber durch Vorwitzigkeit beeindruckte. Die Zusammenarbeit kam uns beiden zugute, da sich unsere unterschiedlichen Fähigkeiten ideal ergänzten: Marie-Luise schrieb schon damals gerne, ich war der bessere Bastler.

Sie sprechen von Frau Prof. Dr. Marie-Luise Sautter-Bihl, der Verlegerin Ihres Buches „Jahresendzeitgrüße eines maritimen Zeitgenossen“?
Richtig, damals hätte ich allerdings nicht damit gerechnet, dass aus dieser naseweisen Studentin eine Professorin – geschweige denn, Jahrzehnte später meine Verlegerin würde.

Als Sie später mit Ihrer Frau in deren Heimat nach Norddeutschland zogen, waren Sie zunächst als Gefäßchirurg an einer großen Klinik tätig; warum wechselten Sie in die Arbeitsmedizin?
Ich war zwar leidenschaftlicher Chirurg, aber das Angebot, die Leitung des seeärztlichen Dienstes für die See-Berufsgenossenschaft in Bremerhaven zu übernehmen, war für mich unwiderstehlich, denn es bot mir 1987 die einmalige Chance, Medizin und Hobby zu vereinen.

Fiel es Ihnen schwer, die Chirurgie und den direkten Patientenkontakt aufzugeben?
Nicht lange, denn ich konnte mir für meine Seeleute, z.B. bei den Seetauglichkeitsuntersuchungen, mehr Zeit nehmen als für die Patienten im stressigen Alltag einer chirurgischen Klinik. Als die vielen Nacht- und Wochenenddienste wegfielen, hatte ich auch mehr Zeit für Familie und Hobby, dabei konnte ich auch meinen Basteltrieb austoben.

Das Ergebnis kann man in einem kleinen, aber exklusiven Museum, dem „Sammelsurium“ bewundern? Wie kam es dazu?
Ein alter Traum, den ich mir im Ruhestand erfüllte. Wir bauten ein Nebenhaus unseres Bauernhofes zu einem Mini-Museum aus. Dort sind neben Schiffsmodellen auch solche von Flugzeugen und historischen Modelleisenbahnen tageweise der Öffentlichkeit zugänglich.

Sie haben neben dem Modellbau auch eine künstlerische Begabung und widmeten sich zunächst vorwiegend technischen Motiven. Ab wann bekamen Ihre Bilder Botschaften?
Ab 1988 zeichnete ich jeweils zu Weihnachten für Verwandte, Freunde und Gleichgesinnte eine Postkarte mit einem maritimen Motiv, das zu den Ereignissen des vergangenen Jahres passte und die jeweilige Stimmung reflektierte.

Wann entstand das Projekt, aus diesen „Jahresendzeitgrüßen“ ein Buch zu machen?
Bei einem Besuch der bereits erwähnten langjährigen Freundin. Marie-Luise hatte im Ruhestand ein zweites Leben als Autorin begonnen und in der Corona-Pandemie den Unken-Verlag gegründet. Sie hatte die Idee, die Postkarten von 1988 bis 2024 als Zeitdokument in einem Bildband zu publizieren.

Wie reagierten Sie auf diesen Vorschlag?
Zunächst begeistert-ungläubig, da ich bezweifelte, dass aus 37 Skizzen ein Buch werden könne, das mehr als ein paar Liebhaber und Freunde interessiere. Doch mit diesen Einwänden hatte ich bei der Verlegerin keine Chance, sie bestand darauf, jedes Talent sei auch eine Verpflichtung und künstlerische Zeitdokumente ein Geschenk, das man allen Interessierten zugänglich machen müsse. Dann entstand das Konzept, die Bilder jeweils durch einen Jahresrückblick zu ergänzen und die wichtigsten Ereignisse als „Top-Ten“ auf zwei Seiten zusammenfassen. Die Beschränkung auf das (subjektiv!) Wesentliche, war die größte Herausforderung des gesamten Projektes.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Auswahl der Top-Ten getroffen?
Ich hatte ausdrücklich Prokura zur “subjektiven Selektion“. Erste Priorität hatte die Weltpolitik und die Zunahme kriegerischer Auseinandersetzungen. Wichtig war auch das Fortschreiten des Klimawandels und wie damit umgegangen wurde. Weitere Themen waren Entwicklungen der Wissenschaft und Kultur, sowie das rasante Fortschreiten von Computertechnologie und sozialen Medien. Der Natur des Autors entsprechend erhielten auch maritime Ereignisse einen Stellenwert.

Der Bildband besticht neben seiner künstlerischen Qualität auch durch die optische Gestaltung. War die Umsetzung schwierig?
Manchmal schon, zumal der Unken Verlag den ausdrücklichen Anspruch hat, nicht nur gute, sondern auch schöne Bücher zu produzieren. Natürlich waren die über 37 gesammelten Postkarten materialmäßig und farblich von unterschiedlicher Qualität, schließlich altern auch Bilder. Durch die Bildbearbeitung von Claus Sautter, sowie die Auswahl der passenden Schrift und des Buchsatzes entstand aber ein für mich optimales ästhetisches Ergebnis.

Planen Sie weitere Bücher?
Nicht konkret, aber es gibt durchaus Ideen, die allerdings noch nicht spruchreif sind …

Das Interview führte Andreas Pawlenka, selbständiger Verlagsberater

hello world!

Weiter Blogbeiträge

28.10.2025
Interview mit Niko Pross
Lesen Sie hier ein ausführliches Interview mit Niko Pross, unserem Autor von "Jahresendzeitgrüße eines maritimen Zeitgenossen". Erfahren Sie mehr über…
weiterlesen...
23.10.2025
Lou Bihl liest und diskutiert bei der Veranstaltung "Wenn das Leben Abschied nimmt"
Ihr Fazit: Der Themenabend unter dem Motto "Wenn das Leben Abschied nimmt“ war für mich eine echte Premiere: noch nie…
weiterlesen...
23.10.2025
Besuch bei unserem Autor Niko Pross in Bremerhaven
Unsere Verlegerin traf sich mit dem Autor Niko Pross unseres neuen Buches "Jahresendzeitgrüße eines maritimen Zeitgenossen" in Bremerhaven. Damit verbunden…
weiterlesen...
1 2 3 15
crossWordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner